Das Einkaufen hat sich grundlegend geändert. Die Gründe hierfür lassen sich reihenweise aufzählen und dürften soweit auch bekannt sein. Allem voran haben aber die Bedürfnisse der Käufergruppen selbst Einfluss auf diesen entscheidenden Wandel. Aber auch die raumgreifenden digitalen Entwicklungen sind der Grund wieso sich der Handel nahezu neu erfinden musste und es immer noch tut. Ein schön gestaltetes Schaufenster in der städtischen Shoppingmeile erfüllt schon länger nicht mehr seinen Zweck. Der Point of Sale ist sowieso meistens online zu finden. Auch hier haben statische Shoppingplattformen längst ausgedient. Ausgeklügelte und technisch berechnete User-Journeys werden geboten. User-Sessions werden als Ausgangspunkt meiner zukünftigen Käufe herangezogen und die Shops kennen meine persönlichen Präferenzen eh ganz gut.

Aber das alles reicht nicht mehr aus. Produkte von der Stange haben ausgedient. Die Käuferinnen und Käufer wollen Individualität. Sprich, sie wollen in den Produktionsprozess eingreifen und die gewünschten Produkte auf sich zuschneiden. Produzenten sprechen hierbei von Mass Customization – die individuelle Massenproduktion. Verschiedenen Studien zur Folge kommt dies bei den Konsumenten sehr gut an. Diese finden in einem großen Umfang (50%) Artikel interessanter die sie selbst gestalten können. Zudem ist diese Käufergruppe auch bereit mehr dafür zu bezahlen und sucht auch vornehmlich nach dieser Art Produkt. Daher ist ein kritischer Blick auf diese Entwicklungen sicherlich auch für das Recruiting lohnend. Denn, wenn wir Recruiting als kandidatenzentrierte Disziplin verstehen ist eine konsequente Individualisierung sicherlich ein naheliegendes Zielbild.

Mass Customization – kein Trend, sondern ein Versprechen

Beim Kauf eines Autos oder einer neuen Küche im Möbelhaus war es bisher schon immer so: wir konnten uns aus der umfangreichen Angebotspalette aussuchen wie unsere neue Mobilität oder das neue Kochparadies sein soll. Dies hat sich bei vielen anderen Produkten geändert: wir wollen nicht mehr nur den Standard aus dem Regal, wir wollen die Produkte individuell auf uns anpassen. Ein gutes Einkaufserlebnis wird nicht mehr durch die Fülle an Angeboten erzeugt, sondern durch die Parameter mit denen ich das Produkt auf mich zuschneiden kann. Angefangen von der Möglichkeit meine Frühstücksflocken auf meine Wünsche anzupassen, über die online Schneiderei bis hin zur Gestaltung von eigenen Sneaker.

In der Mass Customization werden dabei zwei Vorgehensweisen unterschieden: die Soft Customization und die Hard Customization. Bei der Soft Customization wird die Individualisierung nach Herstellung des Produktes vorgenommen. Es wird z.B. mein Name auf eine Gin-Flasche gedruckt, oder ich bestelle online einen Film für meinen Flug vor, der mir dann im Flugzeug bereitgestellt wird. Die Hard Customization greift dagegen direkt in den Produktionsprozess ein und macht hier individuelle Vorgaben. Dies geschieht so beim Kauf eines Autos. Vor allem die Soft Customization ist auf dem Vormarsch und bietet sehr viel interessante Möglichkeiten – auch für das Recruiting glaube ich.

Schaut man sich einmal genauer an, welche Voraussetzungen Unternehmen mitbringen, die erfolgreich ihre Produkte individualisieren, so lassen sich nach Prof. Piller drei Kernbereiche herausstellen: diese Unternehmen haben (1) die Fähigkeit, Wünsche und Bedürfnisse der Kunden zu erkennen, (2) die Fähigkeit, Produktionsketten flexibel und möglichst störungsfrei anzupassen und (3) die Fähigkeit, dem Kunden seine Kaufentscheidung möglichst einfach zu machen. Das kommt uns doch auch mit Blick auf das Recruiting recht bekannt vor, oder nicht?

Recruiting – von der Personalisierung zur Individualisierung

Die Personalisierung von Recruiting-Prozessen können wir im Grunde schon recht gut. Hier ist beispielsweise die namentliche Anpassung der Bewerber-Korrespondenz gemeint oder der Jobnewsletter, den ich zwar als interessierter Kandidat auf mich individualisieren kann, jedoch keinen weiteren Einfluss darauf habe. Kurz gesagt, greift die Personalisierung auf allgemeine Bewerberdaten zurück und wird aktiv vom Unternehmen gesteuert.

Würden wir allein im Bereich der Personalisierung einen Schritt weiterdenken, so könnten wir für Bewerber schon einen unglaublichen Mehrwert schaffen. Wir könnten beispielsweise den bereits angesprochenen Jobnewsletter auf Basis des Surfverhaltens auf der Karriereseite mit individuellen Informationen personalisieren. Dies können ergänzende Karriereinformationen sein, zur Person passende Benefits oder einfach auch Karriereevents in der Nähe des Wohnortes. Eine weitere Möglichkeit der individuellen Personalisierung bietet die Beacon Technologie (auch nachzulesen in der aktuellen HR Tomorrow Ausgabe). Beacons können auf Messen oder auch in den aufflammenden On-Site Recruiting-Stores eingesetzt werden um die Besucherinnen und Besucher persönlich zu begleiten. In Supermärkten wird die Beacon-Technologie eingesetzt um die Käufer länger im Markt zu halten. Wird aufgrund des Bewegungsmusters erkannt, dass sich der Einkauf dem Ende zuneigt, wird über den Beacon beispielweise ein Espresso-Gutschein eingespielt. So wird der Aufenthalt verlängert und die Absatzwahrscheinlichkeit deutlich erhöht.

Bei der Individualisierung des Recruiting-Prozesses greifen die Bewerber dagegen aktiv in das Geschehen ein. Hier werden die Bewerberinnen und die Bewerber zum Treiber auf Basis ihrer eigenen Präferenzen. Schauen wir uns dazu einmal das Netzwerk Facebook an. Dieses Netzwerk gilt als eines der größten Mass Customization Unternehmungen der Welt. Automatisiert wird mir persönliche und individuell zugeschnittene Werbung angezeigt. Ich kann hierauf bewusst Einfluss nehmen und durch likes, comments oder aktive Einstellungen diese Individualisierung steuern. Daraus können wir auch ein Beispiel für das Recruiting ableiten. Es soll das leidige Thema des Bewerberprofils, dass ich mir für die Abgabe einer Bewerbung bei vielen Bewerbermanagement-Systemen anlegen muss ansprechen. Würden wir dieses nach Verhalten und Präfenzen inhaltlich besser ausgestalten und die Usability und den individuell angepassten Informationsgehalt nach vorne stellen, würden diese Profile deutlichen Mehrwert erlangen. Des Weiteren wäre durchaus denkbar, dass diese Profile behalten werden und für das On-Boarding oder als zukünftiges Mitarbeiterprofil verwendet werden. Personalisiert und individualisiert wären sie ja schon, sprich auch vollgepackt mit interessanten Daten.

Und zu guter Letzt müssen wir auch die Treiber der Mass Customization im Blick haben. Werbeprospekte oder Mailingaktionen haben zwar immer noch Erfolg werden aber immer mehr durch sogenannte „social models“ verdrängt. Gemeint sind hier natürlich die Influencer, die für viele Branchen nicht mehr wegzudenken sind. Sie geben heute schon vor was morgen gekauft wird und bestimmen dabei den Grad der Individualisierung. Zudem geben sie Orientierung im Produktdschungel und führen die Konsumenten genau zu den Produkten die sich individualisieren lassen. Auch im Recruiting und Personalmarketing sind erste Influencer Kampagnen gelaufen, die aber eher ihre Zielsetzung auf der Bekanntheit der Unternehmen und nicht der Recruiting-Exzellenz hatten.

Recruiting-Mass Customization ist meiner Meinung nach eine der Königsdisziplinen, wenn es darum geht ein kandidatenzentriertes Recruiting aufzubauen. Jedoch erfordert es ein Hohes Maß an Wissen über seine Zielgruppen und die Möglichkeit die starren Recruiting-Prozesse und Recruiting-Guidelines aufzuweichen und individuell anzupassen. Also keine leichte Aufgabe. Aber auch im Bereich der Recruiting-Personalisierung können durchaus noch Qualitätssteigerungen erreicht werden, die allem voran den Bewerberinnen und Bewerbern zu Gute kommen.

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