Auch wenn derzeit die Welt still zu stehen scheint breiten sich manche Trends weiter aus und Entwicklungen schreiten dennoch unaufhaltsam voran. Vielleicht ein wenig langsamer als zuvor, aber raumgreifende Veränderungen sind absehbar. Meist beginnen diese Entwicklungen erst „drüben“ im online Marketing und eCommerce und schwappen dann auch ins HR Marketing und nehmen hier ihren wohlverdienten Platz ein. Ich habe für diesen Artikel einfach ein paar Entwicklungen und Trends herausgepickt, die wir für das HR-Marketing und ebenso das Recruiting nicht vernachlässigen dürfen, sie stattdessen mit wachsamen interessierten Blicken verfolgen sollten.

Private Messenger App

Recruiting ist People Business. Das ist unstrittig und bei unseren mannigfaltigen Recruiting-Bemühungen stehen Menschen im Mittelpunkt des Geschehens. Konzepte der Candidate Centricity weißen da auch klar in die richtige Richtung. Wir dürfen aber nicht die Augen vor Entwicklungen verschließen, die in den technisch digitalen Lebenswelten unserer Zielgruppen stattfinden und sich dort als State of the Art manifestieren. Man könnte sie auch Hygienefaktoren nennen, wenn man das zu technischen Produkten sagen kann.

Eines dieser Produkte scheinen Chat Bots zu sein. Sie nehmen immer mehr Raum in der Customer-Support Welt ein, wo zunehmend die Erwartung wächst bestimmte Dinge im 1st-Level Bereich schnell und easy via Chat-Bot klären zu können. Die technischen Entwicklungsnotstände mancher HR-Bots mal außen vor gelassen, wird diese Erwartungshaltung auch im Recruiting ankommen. Hier die Frage zu stellen ob Menschen lieber mit Menschen sprechen ist in diesem Kontext eigentlich Unfug, da hier ja schon fast Suggestion mitschwingt. Funktionierende Chats-Bots können auch Bewerbenden wertschöpfende Hilfestellungen liefern und auf Employer Brand und Candidate Experience positiv einzahlen. Sie sind vielleicht sogar im Vorteil gegenüber fehlenden Ansprechpartnern in Stellenanzeigen oder dauernd besetzte Telefonen in der Recruiting-Abteilung.

Und nun kommt eine zweite Entwicklung, ein zweiter Trend, den wir im Recruiting so gar nicht auf dem Schirm haben: Jugendliche tendieren deutlich dazu, nicht mehr die „eine App für alles“ zu nutzen, sondern einzelne Apps für ganz bestimmte Funktionen auf ihrem Mobile zu haben. Teilweise auch nur für ganz befristete Zeitspannen. Auch Unternehmen greifen diesen Wandel schon auf und bieten in wachsender Zahl Customer Service und Support Apps an. Kern dieser Apps sind private Messaging Funktionen für den Customer Support sowie FAQ und weitere Produktinformationen. Also ein schneller und direkter aber auch persönlicher Zugang zum Unternehmen. Genau das, was wir im Recruiting ja eigentlich wollen. Es würden sich in diesen Apps auch in-App Ad-Kampagnen ausspielen oder Gamifikation-Ansätze verwirklichen lassen. Also aufgepasst!! Kaum zu glauben aber wahr: die Recruiting-App kommt zurück!

Interaktives HR Marketing

Bevor wir über interaktives HR-Marketing sprechen, sprechen zuerst einmal über die Personalisierung von HR Marketingaktivitäten. Denn hier ist, so wie ich das wahrnehme auch noch ein wenig Potenzial für uns im HR Marketing möglich. Wir wissen ja mittlerweile alle, das durch die Daten, die in den Big 5 Plattformen stecken sich Zielgruppen bestens segmentieren lassen. Der nächste, und eigentlich logisch folgende Schritt wäre und ist die Personalisierung, die dann meist mit größeren Konzept- und Technologieaufwand umzusetzen ist. Es fängt aber schon bei den „kleinen Dingen“ an: zum Beispiel der Versandt des Jobnewsletter von der „noreply“ eMail Adresse anstatt von einer persönlichen. Oder der Aufbau von strategischen Zielgruppen-Landingpages. Henner hatte da neulich drüber geschrieben. Und schauen wir auf die Möglichkeiten im Display Marketing: Wer nutzt Re-Marketing?.

Aber nun: Interaktives Marketing geht noch einen Schritt weiter und bezieht die Zielgruppen aktiv mit ein. Klassisch sind das Preisausschreiben, Spiele oder Rabattierungen. HR Marketing würde denke ich in diesem Fall nicht auf diese Methoden zurückgreifen, sondern müsste ein wenig um die Ecke denken und zum Beispiel auf klassische Bereiche fokussieren in denen per se Interaktion stattfindet: die Karrieremesse. Hier hat sich, so wie ich finde eine der besten HR-Marketing-Aktionen der letzten Zeit hervorgetan, die Social Responsibility und Wertekern mit einander vereint: die Social Give Away Maschine von der Helvetia aus der Schweiz. Ein Interview mit Macher Martin Maas kann man hier bei Marcel nachlesen. Eine andere Variante, schon wenig älter, ist der Recruiting-Automat namens Brain-Catcher von Evonik, der junge Talente zu einem Quizduell herausforderte. Jo hat dazu einen Bericht geschrieben. Das letzte und älteste Beispiel in der Reihe stammt von Robin und mir und ist eine Sampling Aktion, die wir in der Weihnachtszeit auf dem Weihnachtsmarkt Stuttgart durchgeführt haben und quasi Joboptionen verschenkten. Interesseierte in die HR Marketingbemühungen einzubeziehen erfordert ein wenig mehr Denkarbeit – lohnt sich aber umso mehr!

Voice-Search

Sprache ist die schnellste Art der Kommunikation. Viel schneller als tippen oder „googeln“. Daher ist es nicht verwunderlich, das die Nutzung des Internets immer mehr mit Sprache steuerbar wird. Mit den rasant wachsenden Möglichkeiten der Digital Voice Assistant die sich nicht mehr nur in Echo-Dots oder anderen Tischgeräten sowie Mobiles befinden, nimmt deren Nutzung auch deutlich zu. Hatten wir gefühlt erst vor kurzem den Mobile-Moment, bei dem mehr als 50% aller Suchanfragen über mobile Endgeräte bei google eingingen, geht google davon aus, dass schon 2020 diese Prozentzahl bei Voice Search Anfragen geknackt werden könnte. Und das muss eigentlich ein kleines (ich finde großes) Alarmsignal für HR-Marketer und Karrierewebseiten-Verantwortliche sein. Denn das bedeutet, dass die Websites für Suchanfragen dieser Art ausgebaut und vorbereitet werden müssen. Sie müssen dann aus meinst langen sprachbasierten Anfragen die richtigen Keywords finden und im Stande sein knapp und sprachbasiert zu antworten. Ein weiterer Baustein den wir mit Blick auf das Recruiting mit Sprache nicht vernachlässigen dürfen ist die Bewerbung via Digital Voice Assistant. Ich glaube nicht, dass es sich hierbei um eine einfache Audio Messenger Nachricht handeln kann, denn das könnte unter Umständen den Recruiting-Prozess sogar noch komplizierter oder langsamer machen wenn man das Ganze einmal qualitativ End-to-End durchdenkt. Es muss sich meiner Meinung nach um einen systemisch gesteuerten Prozess handeln. Wie das gehen könnte haben die Kollegen von BetterHeads umgesetzt. Ein Interview hat Nils von meta HR mit den beiden geführt. Betrachten wir die Entwicklungen in diesem Bereich müssen wir im HR Marketing tatsächlich aufpassen, dass wir nicht einen großen Trend verpassen der uns dann rücklinks überrollt. 

Ephemeral Marketing

2011 hat Snapchat diese Kategorie salonfähig gemacht. Es bedeutet schlicht und einfach, dass in dieser Marketing-Form der Content 24 Stunden zur Verfügung steht und dann verschwindet. Also das Grundprinzip von Snapchat und den Story-Funktionen der Networks Intragram sowie Facebook und in einigen Marketing-Blogs wird berichtet, dass auch WhatsApp an Funktionalitäten dieser Art testet. Nach wie vor haben die genannten Netzwerke zusammengenommen den mit Abstand größten Impact auf sämtliche Zielgruppen. Nehmen wir TikTok noch dazu, das auf Memes, also ebenfalls kurzweilige Inhalte basiert, haben wir wenn man so will einen recht hohen Bedarf an Ephemeral Marketing-Content. Schauen wir uns dazu nur einmal kurz Instagram an: hier hat ein Post im Grid eine Halbwertzeit von knapp 72 Minuten. Danach fällt das Engagement rapide ab. Das bestätigt auch eine Studie von Union Metrics und sagt zudem aus, dass Marken knapp 2 mal am Tag im Grid posten. Stories werden zusätzlich veröffentlicht und die erfolgreichen davon haben bis zu 10 Bilder. Da kommen dann pro Woche nur für Insta mal schnell 30 Pics bzw. Video-Inhalte zusammen. Das bedeutet, dass sich die Anforderungen an HR-Marketing Abteilungen dramatisch ändern. Es werden neben, den gewohnten mittel- und langfristigen Perspektiven (die mit Sicherheit immer weniger werden) nun sehr schnelle reaktive vor allem auch Video-Content-Formen benötigt, die im Grunde lange Vorlauf- und Produktionszeiten per se ausschließen. Die Content-Supply Chain in der HR-Marketing-Abteilungen wird sich entsprechen auf schnelldrehende Inhalte einstellen und auf der anderen Seite noch mehr den Blick auf die Trends der Zielgruppen legen müssen.

Und zum Schluss noch ein letzter kleiner Ausblick, den es zu thematisieren gilt: das Leben nach den „likes“. Wir wissen, dass Facebook recht offen überlegt und auch testet die Likes auf Instagram und Facebook nur noch den Ownern anzuzeigen. Den Usern sollen nur noch die Comments und Shares angezeigt werden, die auch, so Facebook, besser die Qualität des Contents anzeigen als reine Likes. Jetzt können wir ein wenig orakeln, aber wenn die ersten Überlegungen in diese Richtung gehen, wird es nicht lange dauern, bis der Stream auch nach diesen Kriterien sortiert werden wird. Eine weitere Herausforderung für HR-Content, die es zu meistern gilt.

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