Wir diskutieren ja recht viel über die Digitalisierung in HR und auch im Recruiting, über den Sinn und auch über den Unsinn der uns da hin und wieder geboten wird. Und immer wieder stellen wir dabei fest, dass wir eigentlich nicht so richtig vom Fleck kommen. All dies hat Unterschiedliche Gründe: Die Services sind noch nicht ganz ausgereift und einsatzbereit, die unternehmensinterne Infrastruktur ist noch nicht parat oder die Einführung von Technologie ist von einer latenten Skepsis und Unwissenheit der verantwortlich Handelnden geprägt.
Letzteres scheint in der Tat eine signifikante Hemmschwelle für die Digitalisierung in Deutschland im Allgemeinen und ich sage auch im Recruiting zu sein. So signifikant, dass die YouGov Deutschland GmbH und die Unternehmensberatung Maischberger genau zu diesem Thema eine Befragung durchgeführt haben, die ich mir ein wenig genauer anschauen möchte.
Die Grundannahme der Umfrage ist, dass nur mit ausreichend Wissen über bestimmte Technologien auch adäquat über ihre Anwendung und vor allem über ihre Vorteile und Nachteile gesprochen und geurteilt werden kann. Ohne dieses Wissen besteht eher Skepsis und Ablehnung.
Zur Erklärung dieses Phänomens ziehen die Autoren der Studie das sogenannte Digital Technology Comprehension Modell heran. Das besagt, dass bei Technologien, von denen man noch gar nichts oder nur ein wenig gehört hat eine irrationale Skepsis besteht. Erst wenn man mit Technologien direkt zu tun hat und sie erklären kann, also sie anwendet oder sich damit beschäftigt, dann kann man sie auch rationell bewerten. Erst nach tiefgehender (beruflicher oder privater) Beschäftigung wird man vollends den Nutzen einschätzen und auch begrüßen können.
Die Studie: Wie steht es um das digitale Verständnis?
Bevor wir ein paar Ergebnisse der Studie anschauen noch kurz ein paar Rahmendaten: Insgesamt wurden 2000 Menschen befragt und dabei 50:50 Frauen/Männer. Im Alter zwischen 18 und 55 Jahren waren es knapp 60% der Befragten in gleichmäßigen Kohorten verteilt und über 55 dann die fehlenden 40% der StudienteilnehmerInnen.
Für alle Fragen der Studie wourden 10 ausgewählten Technologien zu Grunde gelegt: Augmented Reality, Big Data, Blockchain, Cloud Computing, Immersive Media, Internet of Things, Machine Vision, Semantic Web, Social Bots, Software-defined Manufacturing.
Der ersten Frageblock innerhalb der Erhebung richtet sich vor allem an das Kennen und die Grundkenntnisse mit den oben genannten Technologien und soll gemäß des erwähnten Digital Technology Comprehension Modell überprüfen inwieweit die Befragten in der Lage sind hier plump gesagt „mitzureden“.
Die erste Frage lautet somit recht lapidar: Haben Sie schon von folgenden (s.o.) Technologien gehört? Die Ergebnisse sind zusammengefasst nicht überraschend: Nur ein Drittel hat von den Technologien gehört, wobei es hier sehr schwankt: nur zwei Technologien erreichen die knapp 40%: Cloud Computing und Big Data. Cloud Computing, so die Studie, sei vor allem von Services wie Dropbox oder eMail aus dem privaten und auch beruflichen Umfeld bekannt. Big Data sei vor allem wegen den Online-Shops und den dazugehörigen Presseberichten medial vorangetrieben worden. Eigentlich, so die Studie weiter, ist dieses Ergebnis eher ernüchternd, da die meisten der ausgewählten Technologien sich im täglichen Leben aller im Einsatz befinden.
Eine weitere Frage richtet sich nach dem Erklären der 10 Technologien: Können Sie diese Technologien auch erklären? Hier zeigt sich im Gegensatz zur ersten Frage doch wieder eine mehr oder weniger erstaunliche Wendung: 44% können die genannten Technologien oberflächlich erklären und 19% auch tiefergehend. Nur 6% können gar nichts dazu sagen. Die drei Technologien, die insgesamt am ehesten erklärt werden können – ob oberflächlich oder tiefgreifend – sind Augmented Reality (75%), Cloud Computing (72%) und Internet of Things (70%). Dagegen können am wenigsten erklärt werden: Immersive Media, Blockchain und Big Data. Zum Teil liegt dies auch hier wieder an der medialen Aufbereitung der Themen verbunden mit einem beruflichen Kontext. Kommen beide zusammen scheint ein tiefergehendes Technologieverständnis am wahrscheinlichsten.
Ich habe nur diese beiden Fragen aus der Studie herausgenommen, da ich die am spannendsten fand und auch mit Blick auf das eingangs aufgeführte Modell auch am aussagekräftigsten mit Blickrichtung HR und Recruiting.
Was schließen wir nun daraus?
Zuerst will ich hier den Schluss der Studie erwähnen und dann auch noch einen Blick auf das Recruiting werfen. In der Studie wird zusammengefasst (und hochgerechnet), das 70% der Bevölkerung nicht einmal den Namen der ausgewählten Technologie kennen und nur 21% davon gehört haben. Das sind finde ich recht ernüchternde Zahlen. Die Autoren kommen zum Schluss, dass es vor allem durch mediale Aufklärungsarbeit auf der einen Seite und durch die persönliche Offenheit eines jeden Einzelnen gegenüber Technologie und Digitalisierung auf der anderen Seite zu besseren Ergebnissen und somit zu einem besseren Technologieverständnis kommen kann.
Wenn wir nun auf das Recruiting schauen, finde ich können wir durchaus Parallelen feststellen, zumal ja auch einige der in der Studie diskutierten Technologien im Recruiting-Einsatz sind. Es ist erstaunlich, dass es doch nachweislich enorme blinde Flecken gibt, die sich beruflich und eben im Recruiting auftun. Und dann auf der anderen Seite richtungsweisende Entscheidungen getroffen werden müssen, die eine Recruiting-Organisation nachhaltig prägen sollen. Dazu kommt, dass wir -und ich finde zurecht- immer mehr fordern, dass Recruiting als kritische und unternehmensrelevante Größe wahrgenommen und als solche auch behandelt wird. Da kann es meiner Meinung nicht sein, dass eine Art Recruiting-Esoterik sich zu etablieren scheint, die mit gesunden Halbwissen und einer gesunden Portion Vorurteilen und persönlichen Einstellungen hier für das Recruiting prägende Entscheidungen trifft. Ich selbst schließe mich da nicht aus, auch ich muss und mich immer wieder neu ausrichten und immer neue Dinge lernen und diese vertieft anschauen bevor ich mich traue darüber zu diskutieren und auch eine Meinung zu äußern. In Interviews und im Auswahlprozess fordern wir eine bias-free Umgebung, schaffen wir das auch wenn es um Digitalisierung und Technologie geht?
Wir müssen uns da denke ich alle bewegen, damit wir ein Recruiting aufbauen, das in Unternehmen und auf dem Markt ernstgenommen wird und auch unternehmensrelevante und nachvollziehbare Ergebnisse liefert. Nur mit einer klaren Digitalstrategie im Rahmen der eigenen Recruiting-Strategie und Recruiting-Organisation wird das Recruiting ein Recruiting der Zukunft sein. Anders kann ich mir persönlich das gar nicht vorstellen. Vor allem scheint mir der Ansatz der Aufklärung ein wichtiger Schritt zu sein, der aber nur gelingt, wenn dieser vorurteilsfrei und nicht suggestiv gegenüber Neuem und Technologischem geschieht. Zudem kommt: wer nicht offen ist, will nichts kapieren und wird auch nie Neues zulassen. Daher gilt: sich die richtigen Informationen holen und lernen, wo und wie Technologie und die Digitalisierung nutzbringend auch im Recruiting eingesetzt werden kann.
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Dabei verfolge ich das Ziel, Employer Branding, HR-Marketing und Recruiting miteinander zu verzahnen und das Recruiting als strategischen Business Partner im Unternehmen zu etablieren.