Recruiting ist Vertrieb hören, lesen und sagen wir, die sich im Recruiting tummeln schon seit Jahren. Recruiting muss Stellen verkaufen, Recruiting muss wie eCommerce handeln und Recruiter*innen müssen wie Vertriebsprofis agieren. Klar ist, dass sich Recruiting bei einigen beruflichen Feldern inhaltlich bedienen muss und deren profundes Wissen ins strategische sowie operative Handeln interagieren sollte, da es in der Tat nicht viele eigenständige Recruiting-Kompetenzsets gibt. Nur ist immer mal festzustellen, und jetzt richte ich den Blick wieder auf die Vertriebsdisziplin, dass hier doch in recht allgemeiner Form gesprochen wird. Im Vergleich dazu sprechen wir beispielsweise in den Bereichen Personalmarketing doch schon sehr detailliert darüber, wo und welche konkreten Tools, Kompetenzen und Skills ins Recruiting zu intergieren sind – in Bezug auf den Vertrieb, meiner Wahrnehmung nach nicht so sehr. Daher will ich einmal einen ersten Versuch wagen und mir jeweils zwei Dinge rausgreifen, die ich ein wenig konträr zu Recruiting sehe und dann folgend Dinge benennen, die wiederum hervorragend matchen.

Recruiting ist nicht gleich Vertrieb

Ich fange direkt am Kern des Ganzen einmal an: dem Abschluss. Recruiting und Vertrieb zielen beide darauf hab einen Abschluss zu tätigen. Recruiting will Personen fürs Unternehmen gewinnen, Vertrieb will Produkte oder Dienstleistungen verkaufen. Die grundlegenden Intentionen neue Kollegen vs. direkte Umsatzseigerung unterscheiden sich in Konzept sowie Art und Weise schon hier und die sogenannten Pre-Sales Aktivitäten Up-Sales vs. Mitarbeiterbindung können und müssen auch diskutiert werden. Das Momentum vor dem Abschluss, der sogenannte Moment-of-Trouth ist aber in diesem Zusammenhang fast entscheidender: Während im Vertrieb für die meisten Produkte sämtliche Informationen vorab bekannt sind und die Produkte in Teilen auch ausprobiert, angefasst oder angeschaut werden können ist dies bei Arbeit bzw. Arbeitgeber*innen nicht der Fall. Hier können wir gewisse beidseitige Informationslücken zwischen Unternehmen und Bewerbenden konstatieren, die sich nicht auflösen lassen. Bewerbende können auf der einen Seite nicht einschätzen wie das Unternehmen den wirklich „tickt“, bis sie denn selbst Teil davon sind und Unternehmen wiederum können auch erst feststellen ob das was die neuen Mitarbeitenden alles über sich erzählt haben stimmt, bis die Arbeitsstelle angetreten wurde. Dies unterscheidet Recruiting deutlich von Vertrieb da dies dem Vertrieb schlichtweg nach Abschluss egal ist.

Ein weiterer Punkt, der mich immer wieder zum Nachdenken bringt, ist der nach den persönlichen Kompetenzen. Was muss denn gelernt, studiert, gekonnt, gelebt werden, um im Vertrieb arbeiten zu können? Welches klar abzugrenzende Berufsprofil zeichnet denn Vertrieb aus, welche Kompetenzen und Skills sind es, die wir dann auch tatsächlich ins Recruiting übernehmen können? „Spaß an der Kommunikation mit Kunden“ oder „Gute Kenntnisse im Produktbereich XxX“ oder „Bereitschaft zu regelmäßigen Dienstreisen“ oder „Eigenständige Betreuung eines festen Kundenstamms und fortwährende Gewinnung von neuen Kunden“. Hm. Das steht so in Stellenanzeigen für Vertrieb. Überzeugt mich nicht um darin ein Paradebeispiel für Recruiting zu sehen und irgendwie erinnert mich das auch ein wenig an Recruiting. Es scheint so, dass wir es hier mit zwei Berufsfeldern zu tun haben, für die es keine oder kaum festgezurrte Skill- oder Kompetenzanker zu geben scheint. Und wenn ja, sind sie doch recht ähnlich.

So glaube ich, dass Recruiting eben nicht immer gleich Vertrieb ist und sich die beiden in einigen grundlegenden Dingen unterscheiden. Es gibt aber auch Bereiche, von denen Recruiting vom Vertrieb deutlich profitieren kann und das ist ganz klar in der Bearbeitung des Marktes.

Vertriebstools sind gleich Recruitingtools

Schauen wir nun auf die Möglichkeiten, die vom Vertrieb und da vielmehr vom eCommerce im Markt genutzt werden, dann können wir von der Recruiting-Seite kommend wahrlich aus den Vollen schöpfen. Denn der eCommerce ist in Sachen conversion-orientierte vornehmlich auch digitale Methoden, Instrumente und Tools Recruiting nicht nur gefühlt immer einen Schritt voraus. Wie auch oben will ich nun auch zwei Beispiele aufgreifen und zeigen, dass Recruiting im Bereich der Vertriebstools bestens aufgehoben ist und sich hier viele Synergien ergeben können:

Social Recruiting oder vielmehr auch Social Media Recruiting ist ein großer und wichtiger Bestandteil in einem Recruiting-Portfolio. Genau so verhält es sich im Social Commerce, ein ebenso steig wachsender Bereich innerhalb des gesamten eCommerce. Besonders stechen dabei zwei Plattformen hervor, von denen wir zumindest eine im Recruiting schon fast abgeschrieben haben: Facebook und die andere ist Instagram. Beide Plattformen haben enorme Targeting-Möglichkeiten, die meiner Meinung immer noch unterschätzt werden. Das Spannendere sind aber die integrierten Shopping-Funktionen, die sich immer mehr in die Feeds bzw. Grids einfügen und somit die Einkaufsmöglichkeiten nahtlos integrieren. Hier habe ich bis dato noch keine Recruiting- oder Personalmarketing-Idee gesehen, die sich dies zu Nutze macht.

Die Karriereseite ist nach wie vor die wichtigste Schaltzentrale für rekrutierende Unternehmen. Schauen wir uns die Seiten einmal an, so scheinen sie im Großen und Ganzen einem doch recht einheitlichen Muster zu folgen. Leider, und so scheint es auch, reagieren die Karrierewebsites nicht so sehr auf aktuelle Trends, die aus dem Bereich des eCommerce kommen, auch wenn sie evtl. helfen können die Stellen und andere Inhalte besser zu vermarkten. Im eCommerce kommen derzeit immer mehr sogenannte multidirektionale Layouts zum Vorschein, die den Seiten mehr Intuition im Handling und zudem einen besseren Blickverkauf geben sollen. Außerdem tritt die Navigation in den Vordergrund der Seiten die auch mit raffinierten und bewegten Übergängen ausgestattet wird. Weitere Möglichkeiten Botschaften und Nutzererlebnis auf spannende Art und Weise zu verpacken. Karriereseiten sind aber, so glaube ich größtenteils nicht auf dynamische Trendentwicklungen ausgelegt, sondern werden einmalig entwickelt und dann ggf. kleinteilig aktualisiert.

Wie vielleicht zu merken war, schwanke ich ein wenig zwischen „passt“ und „passt nicht“. Auf der einen Seite finde ich, dass es ausreichende Gründe gibt, sich in bei der Vertriebsdisziplin zu bedienen und zu schauen was man rausziehen und lernen kann. Auf der anderen Seite denke ich wiederrum passt es eben nicht und man macht es sich zu einfach, wenn man einfach verweist. Denn es gibt doch klare inhaltlich strukturelle Unterschiede, über die man nicht einfach hinweg gehen sollte.

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