Das Erleben von Bewerber:innen entlang ihrer Reise zu einem Unternehmen und auch noch weiter hinein ist ein hohes Gut, das sauber gestaltet und gesteuert werden muss – das wissen wir nicht erst seit heute. Daher ist die stetige Auseinandersetzung mit der angebotenen Candidate Journey und den dort enthaltenen Touchpoints ein entscheidender Faktor für das Gelingen von Recruitingansätzen. Mit einem genauen Blick darauf gibt es aber auch Dinge, die man als Dark Patterns beschreiben könnte und die einerseits bewusst, andererseits unbewusst Gutes tun oder abschrecken.

Dark Patterns

Der Begriff Dark Patterns kommt ursprünglich aus dem User Experience Design (UX) und wurde dort 2010 vom britischen Designer Harry Brignull geprägt. Er beschreibt damit gestalterische Taktiken in Interfaces, die Nutzer:innen gezielt in eine bestimmte Richtung lenken, ohne dass sie sich dessen vollständig bewusst sind. Ziel davon soll sein, gezielt Entscheidungen zu provozieren beispielweise durch emotionale Manipulation, verschleierte Informationen, künstlichen Zeitdruck oder übermäßige Komplexität. Kennt ihr alle irgendwo her, oder?

Beispiele für Dark Pattern sind: ein Button zum Kündigen eines Abos der kaum auffindbar ist, während der „Jetzt kaufen“ Button prominent platziert ist. Oder wenn Cookie-Banner so gestaltet sind, dass „Alle akzeptieren“ leicht ist, das Ablehnen recht mühsam. In den letzten Jahren haben sich deswegen UX-Expert:innen, Ethik-Initiativen und Verbraucherschutzorganisationen zunehmend mit Dark Patterns auseinandergesetzt, da sie nicht nur die Nutzererfahrung verschlechtern, sondern auch das Vertrauen in digitale Produkte nachhaltig schädigen können – gut so, finde ich!

Dark Patterns und das Recruiting

Während im eCommerce man doch unterstellen kann, dass das Eine oder Andere beabsichtigt ist, würde ich mit Blick auf das Recruiting und die Candidate Journey bzw. die Candidate Experience nicht so weit gehen wollen. Ich denke da ist es eher so, dass die Gestaltung der Touchpoints, die nicht sauber auf die Zielgruppen und deren Erleben zugeschnitten sind eben auch Dark Patterns im Sinne der obigen Beschreibung sind. Also eher dem Zufall geschuldet. Dennoch gibt es davon im Grunde jede Menge:

  • Bait and Switch: Übersetzte ich mal mit „locken und lügen“ und das z.B. in einer Stellenanzeige: „remote möglich“, aber dann ists doch nur 1 Tag Homeoffice der angeboten wird.
  • Obfuscation: Das wird ein spannendes Thema werden im Hinblick auf Gehaltstransparenz z.B. – ist aber jetzt schon so: auf vielen Karriereseiten (oder auch in Stellenanzeigen) z.B. finde ich Arbeitsort, Karrierewege, Gehaltsdaten entweder gar nicht, oder nur sehr wage „leistungsgerechte Vergütung“ oder „Du kannst bei uns auch Verantwortung übernehmen“.
  • Friction by Design: Auch ein Thema, dass wir eigentlich alle kennen und mit dem Aufwand und möglicher Hürden bei der Bewerbung zu tun hat. Konkret: Aufwendiges Bewerbungsformular, zu viele Pflichtfelder, komische Datenvorgaben etc.
  • Forced Continuity: Das hier spielt ein wenig in die Karten des aufwendigen Bewerbungsformulars, zielt aber ganz konkret auf die Registrierungspflicht ab. Also das Anlegen eines Kontos, oder auch das (verpflichtende) Einwilligen über die Aufnahme in einen Talentpool.
  • False Choice: Kann in der Tat öfters vorkommen – wer die falsche Wahl trifft ist raus. Beispielweise werden Kandidatinnen 4 Termine für Gespräche vorgeschlagen, können sie an allen nicht – Pech!
  • Pressure Selling: Man lässt sich Zeit im Bewerbungsprozess, spricht 2-3 mal miteinander, aber dann soll innerhalb von 24-Stunden unterschrieben werden, weil sonst die Stelle an jemand anderen vergeben wird (oder man doch kein Interesse hat!).

Dark Patterns und Candidate Experience – was tun?

Wie bereits gesagt, glaube ich, dass vieles nicht bewusst, sondern eher unbewusst gemacht wird und so einen entsprechenden Einfluss auf die Candidate Experience ausübt. Daher ist es  glaube ich sehr wichtig immer die Wirkung zu hinterfragen, die an den Touchpoints in Richtung Bewerberinnen oder Kandidaten erzielt wird. Denn ein Bewerbungsprozess, der sich intern effizient anfühlt, kann draußen genau das Gegenteil sein und entsprechend falsch wirken.

Ich unterstelle mal, dass die meisten der auch oben im Text angesprochenen Dark Patterns entstehen um eben intern besser Arbeiten zu können oder auch die Kontrolle zu behalten. Es ist ein Sicherheitsaspekt der die Candidate Journey beeinflusst. Aus dieser Sichtweise heraus sehr hart gesprochen ist Recruiting kein Funnel, sondern ein Beziehungsprozess, den es zu gestalten gilt. Wer seine Candidate Journey wie einen Klickpfad behandelt, bekommt Klicks – aber keine Menschen. 

Das Toolkit Candidate Experience

Wer die Candidate Experience wirklich verbessern will, braucht mehr als gute Absichten. Es reicht nicht nur an einzelnen Stellschrauben zu drehen – Bewerbende erleben den Recruitingprozess als Gesamtreise mit vielen Touchpoints, und genau dort entstehen Reibungsverluste, Missverständnisse oder Frustrationen. Oft fehlt es im Alltag aber an Zeit, Struktur und Methoden, um diese Journey einmal konsequent durchzudenken. Dafür haben wir das Toolkit „Candidate Experience“ entwickelt.  

Das Toolkit ist ein praxisnahes, interaktives Workshop-Set, das Recruiting-Teams Schritt für Schritt durch die Analyse der eigenen Candidate Journey führt. Statt generischer Buzzwords oder Endlos-Präsentationen bietet es 20 fokussierte Arbeitsunterlagen, ein übersichtliches Prozessposter und ein kompaktes Booklet mit fachlichem Input. Ziel ist es, im Team konkret herauszuarbeiten: Wo hakt es im Bewerbungsprozess? Was erwarten Kandidat:innen wirklich? Und wie können wir mit kleinen Veränderungen große Wirkung erzielen?

Meine Dienstleistungen

Erfolgreiche Recruiting-Strategien entwickeln

Zukunftsfähige Recruiting-Organisationen müssen innovative und hochwertige Recruiting-Produkte entwickeln und über relevante Kanäle bereitzustellen. Gemeinsam mit Ihnen optimiere ich Ihr Recruiting-Portfolio und Ihre Kanalstrategien und entwickle KPI-Sets zur Messung Ihrer Recruiting-Performance. Da Jobsuchende heute hohe Erwartungen an Unternehmen stellen, helfe ich Ihnen, die richtigen Zielgruppen zu definieren und Ihr Bewerbermanagement zu optimieren, um eine positive Candidate Experience zu schaffen.

Zukunftsfähige Recruiting-Organisationen gestalten

Um in einer Zeit zunehmender Komplexität und Unsicherheit handlungsfähig zu bleiben, müssen sich Recruiting-Organisationen grundlegend wandeln. Ich unterstütze Sie dabei, ein auf Ihre Organisation abgestimmtes Betriebsmodell zu finden und Ihr Recruiting neu auszurichten.
Dabei verfolge ich das Ziel, Employer Branding, HR-Marketing und Recruiting miteinander zu verzahnen und das Recruiting als strategischen Business Partner im Unternehmen zu etablieren.